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Mobilienleasing Die Chancen des Small-Ticket-Leasing

7 Minuten Lesezeit

Zukunftschancen am Leasingmarkt: Das digitale Small-Ticket-Business

Im Kundengeschäft verändern sich die Geschäftsmodelle der Finanzdienstleister seit einigen Jahren fundamental. Im klassischen Retailbereich ist dies schon lange zu beobachten: Die Privatkunden kommen immer seltener in die Filialen und suchen das persönliche Beratungsgespräch mit ihrem Kundenberater. Stattdessen werden vor allem einfache und standardisierte Geschäftsvorgänge digital erledigt.

Die Kunden haben sich inzwischen in weiten Teilen daran gewöhnt, dass sie das meiste einfach und bequem per Mausklick oder mobil erledigen können – und empfinden das keineswegs als Einschränkung. Im Gegenteil: Es geht regelmäßig schneller und es kann sogar Spaß machen. Ein gut gemachtes Frontend mit intuitiver Bedienung und schneller Reaktion bleibt als erfreuliches Nutzererlebnis positiv in Erinnerung. Selbst wenn am Ende ein separater Vertragsabschluss erforderlich bleibt, so ist doch der erste Anlaufpunkt die digitale Kundenschnittstelle. Neudeutsch ist von einer veränderten „Customer Journey“ die Rede.

Persönliche Kundenerlebnisse im B2C werden auch im B2B erwartet

Was im B2C-Geschäft für begeisterte Kunden sorgt, wird auf kurz oder lang auch im B2B-Bereich erwartet. Die handelnden Personen sind ja auch gleich: Wer als Privatkunde von seiner Bank eine funktionierende digitale Geschäftsabwicklung gewohnt ist, wird sich irgendwann fragen, warum das in der geschäftlichen Kundenbeziehung anders sein sollte – zumindest in vergleichbaren Prozessen. Für die klassischen Kreditinstitute mag dies eine zuweilen besondere Herausforderung darstellen, für innovative Marktteilnehmer bietet dies zweifelsohne eine große Chance. Grundsätzlich gilt: Je granularer die jeweilige Geschäftsgröße ist, desto besser lassen sich Prozesse standardisieren, das heißt, desto höher ist das Potenzial. Leasinggesellschaften machen dabei keine Ausnahme.

Agilität am Markt: Herausforderung und Chance

Für herstellerunabhängige Leasinggesellschaften liegen die Potenziale einer Digitalisierung eher in der Schnittstelle zum Kunden, denn dort bestehen für sie primär die Chancen auf Skalierung und Standardisierung im Small-Ticket-Geschäft. Etwas anders sieht es bei den herstellergebundenen Leasinganbietern aus: Deren mengengetriebenen Prozesse zielen mehr auf den Hersteller als die für sie maßgeblichen Geschäfts- und Kundenzuführer. Der Vorteil ihrer Geschäftsmodelle im Hinblick auf eine digitale Abwicklung liegt zudem darin, dass sie regelmäßig gleichartige Finanzierungs- und Objektformen anbieten, während sich die freien – zumeist bankgebundenen – Leasinggesellschaften der vielfältigen Breite der Finanzierungswünsche ihrer Kunden stellen müssen.

Dann wird die Digitalisierung am Frontend oft zur Quadratur des Kreises: Sie müssen die hohe Komplexität der an sie gestellten Produkt-, Vertrags- und Asset-Anforderungen in eine möglichst einfache und für den Endnutzer überschaubare Frontend-Struktur übertragen. Abertausende einzelne Objekte von unterschiedlichen Herstellern mit ebenso vielen AfA-Tabelleneinträgen gilt es, mit zwei oder drei Klicks steuerlich zweifelsfrei zu identifizieren.

Ohne den Faktor Mensch funktioniert es so lange nicht, wie individuelle Entscheidungen im Geschäftsprozess zu treffen sind, die nicht durch ein maschinelles Scoring substituierbar sind.
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Dr. Christoph Halstrick
Vorsitzender der Geschäftsführung der Commerz Real Mobilienleasing (bis 03.2024)

Einstieg ins Small-Ticket-Geschäft

Die Commerz Real Mobilienleasing ist erst vor einigen Jahren in das sogenannte Small-Ticket-Geschäft eingetreten, was sie ohne die sich bietenden Möglichkeiten und Chancen im digitalen Smart-Finance-Bereich nicht gewagt hätte. Strategisch stand dahinter die nachvollziehbare Überlegung, statt bisher nur einem kleinen Teil des Mittelstands nunmehr praktisch 100 Prozent der Firmenklientel in Deutschland als kompetitiver Leasingpartner zur Verfügung zu stehen.

Aufgabe war es also, mittels digitaler Instrumente die eigenen Vertriebswege und Prozesse zu verschlanken und zu standardisieren, um Leasing auch für kleinteiligeres Geschäft zu wettbewerbsfähigen, aber dennoch rentablen Konditionen zu ermöglichen. Und dies zugleich unter der Maßgabe, nicht jedes Geschäft zwangsweise über einen Leisten zu ziehen, sondern gegebenenfalls vorhandenen individuellen Beratungserfordernissen der Kunden weiter gerecht zu bleiben. Hybride Vertriebswege sind hierfür die Stichworte, ohne diese jedoch mit Beliebigkeit gleichzusetzen. Das Beschreiten des einen oder anderen Wegs setzt vielmehr klare Regeln voraus, die sich immer zuerst am Kundenbedarf und daran ausgerichtet auch an den eigenen Unternehmenserfordernissen orientieren müssen. Maßgebliche Steuerungsinstrumente hierfür sind die Prozessgeschwindigkeit und der Preis. Wichtiger ist am Ende aber die Einstellung – das Mindset – des Vertriebs selbst; nämlich zu erkennen, was tatsächlich für alle Beteiligten der effizienteste Vertriebsweg für welches Geschäft ist.

Leasing-Beraterschnittstelle – ein Erfahrungsbericht

So weit die Theorie. Doch wie sah die praktische Umsetzung aus in der Commerz Real Mobilienleasing? Der erste Schritt war die Schaffung eines digitalen Frontend-Tools zur Erstellung eines Leasingangebots für die Commerzbank-Kundenberater. Speziell jene Bankberater, die in den Filialen bis dato relativ wenig mit Leasing zu tun hatten, sollten ohne größeren Schulungsaufwand und möglichst ohne Medienbrüche ihren Unternehmerkunden mit wenigen Eingaben ein passendes Leasingangebot unterbreiten können, welches bei vorliegender Bonitätseinschätzung im Idealfall bereits verbindlich ist. Konkret wurde die neue Leasing-Anwendung „ComLease“ entwickelt und in die Berateroberfläche der Bank integriert, womit der Kunde produktübergreifend aus einem System heraus beraten werden kann.

Im nächsten Schritt wurden für den weiteren Ausbau von „ComLease“ hin zu einer Kundenanwendung systematisch Befragungen und Anwendungstests mit Endkunden aus verschiedenen Branchen im Commerzbank-UX-Design-Studio durchgeführt. Dabei stellte sich schnell heraus, dass „ComLease“ als reine Bankanwendung für den Endkunden zu komplex und außerdem zu wenig für die Nutzung auf mobilen Endgeräten ausgerichtet war. Der Endkunde möchte für ein erstes indikatives Angebot nicht jede Detaileingabe selbst machen müssen, jedenfalls nicht bei Small-Tickets. Aus diesen Nutzervorgaben wurde dann sehr zielgenau und anwenderfreundlich ein für jeden Interessenten im Internet frei zugänglicher Online-Leasing-Rechner entwickelt und gelauncht.

Der Endkunde will nicht jeden Parameter selbst konfigurieren

Für den auf den Endkunden zugeschnittenen Leasing-Rechner musste die Beraterschnittstelle also massiv verschlankt werden. Übrig blieben drei Kernschritte als zu bestimmende Parameter: Objekt, Anschaffungskosten und Laufzeit. Der Kunde erhält hierüber einfach und in Echtzeit ein anonymes, zunächst aber noch unverbindliches Angebot. Der Anspruch hieran ist, dass dieses Angebot auch späteren Konkretisierungen von Parametern möglichst standhält, was eine entsprechend umfängliche und detailreiche Datenprogrammierung im Hintergrund erforderte. Dies scheint gelungen, wenn man sich die hohe Quote der Übereinstimmungen zwischen Erstangebot und finalem Vertragsabschluss ansieht.

Der Anwender wählt also zum Beispiel eine bestimmte Baumaschine mit einer Investitionssumme von 50.000 Euro aus, gibt die gewünschte Laufzeit von beispielsweise 36 Monaten ein und erhält sofort das passende Angebot. Ist dieses Angebot interessant für ihn, führt ihn ein weiterer Klick zur Angebotszusendung und auf Wunsch direkt zu einem persönlichen Ansprechpartner, der gegebenenfalls auch weitere Fragen beantwortet.

Herausforderung: umfassende Objektsuche für AfA-Wirtschaftsgüter

Als größte Herausforderung bei der Programmierung erwies sich die Objektsuche. Genauer gesagt: die Zuordnung eventuell rudimentärer Angaben des Nutzers passgenau zu den hinterlegten Objektdetails im Rechner. Anders als etwa bei einem herstellerabhängigen Leasinganbieter mit nur einer begrenzten Produktpalette ist die Vielfalt der infrage kommenden Objekte bei herstellerungebundenen Häusern theoretisch nämlich unbegrenzt. Es galt also, ein sehr komplexes Universum auf eine möglichst einfache Plattform herunterzubrechen. Dem Benutzer sollte nicht zugemutet werden, sich für seine Objektsuche über einen Objektbaum durch etliche AfA-Tabellen zu klicken und so seine zutreffende Objektkategorie am Ende aufwendig selbst zu ermitteln.

Deshalb wurde eine komplexe Wort- und Synonymsuche implementiert, die sowohl allgemeine („Bagger“) als auch spezifische („Markenname“) Objekteingaben erkennt. Die Grundlage bilden OpenThesaurus und die Analyse historischer Objektdaten. Diese Datenbank wird ständig um neue Begriffe und Verknüpfungen anhand von Neueingaben erweitert. Damit nicht mehrere verwandte Begriffe in der Ergebnisliste erscheinen, werden die einzelnen Wirtschaftsgüter zu Objektpools gruppiert.

Eine der Herausforderungen besteht darin, dass in der Praxis manche Objekte in unterschiedlichsten Branchen eingesetzt werden können. Dies kann bei der Objekteinwertung beziehungsweise der Zuordnung zur richtigen Afa-Tabelle einen wesentlichen Unterschied machen. Solchen Fallstricken ist letztlich nur durch einen umfänglichen Trial-and-Error-Prozess zu begegnen, der entsprechend IT-technisch implementiert sein muss.

Hinter dem Vertriebsmodell steht die „Leasingfabrik“

Im Idealfall ist ein Leasing-Rechner so zu bauen, dass er modular für beide wesentliche Leasing-Vertriebsformen einsetzbar ist, also sowohl für das stärker Asset-basierte Vendorengeschäft als auch für das eher kundenindividuelle Bankgeschäft.

Maßgeblich dafür ist aber nicht nur das Frontend. Um die Skalierungsvorteile vollständig auszuschöpfen, müssen auch die Backoffice-Prozesse, das Leasing-Produkt selbst sowie schließlich die Risikotragung an den ermittelbaren Ergebnissen am Point-of-Sale ausgerichtet werden. Erst diese End-to-End-Digitalisierung führt zur wahren „Leasingfabrik“, sofern diese überhaupt ein erstrebenswertes Ziel ist. Denn ohne den Faktor Mensch funktioniert es so lange nicht, wie individuelle Entscheidungen im Geschäftsprozess zu treffen sind, die nicht durch ein maschinelles Scoring substituierbar sind. Zu denken ist etwa an Sondergestaltungen in den Bereichen Compliance und Know-your-customer oder beim Risiko. Am Ende geht es hierbei stets um die Abwägung von potenziellen Schäden gegen erzielbare Kostenersparnisse – übrigens eine Rechnung, die außerhalb granularer Ticketgrößen so gut wie nie positiv ausfällt.

Erste Ergebnisse stimmen zuversichtlich – Anpassungsdruck bleibt

Die ersten Ergebnisse seit Implementierung bei der Commerz Real Mobilienleasing zeigen: Sowohl die Beraterschnittstelle „ComLease“ als auch der Online-Leasing-Rechner werden sehr gut angenommen. Aber natürlich ist die Conversion-Rate, also die Umwandlung von Kundenkontakt in tatsächliches Geschäft, beim anonymen Online-Leasing-Rechner deutlich niedriger als im persönlichen Kundengeschäft, es sei denn es handelt sich Bestandskunden.

Dies ist durchaus so auch gewollt, denn das Erzielen von Kundenbindung, Cross-Selling und Risikomanagement sind im reinen Online-Format vergleichsweise eingeschränkt. Insofern stellt dieses gerade bei bankabhängigen Leasinggesellschaften wie der Commerz Real Mobilienleasing zurzeit eher eine Abrundung ihres Kundenangebots sowie eine ergänzende smarte Plattform für direkte Kundenkontakte dar. Dies geschieht übrigens auf der Kundenseite zu mehr als 50 Prozent von mobilen Endgeräten aus, was angesichts mobiler Arbeitsplätze, Einsatzorte und Produktionsstätten in den Unternehmen sicher rasch weiter zunehmen wird.


Fazit:

Vor allem im Small-Ticket-Leasing sind einfache, digitale und intuitiv bedienbare Kundenschnittstellen und Prozesse ein Erfolgsrezept der Zukunft. Herstellerunabhängigen Leasinganbietern ermöglichen sie dank des Skalierungspotenzials einen neuen Zugang zu Marktsegmenten, die andernfalls kaum rentabel zu erschließen wären.